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Online-Besichtigungen – sinnvoll oder Unsinn?

Online Besichtigungen – sinnvoll oder Unsinn

In der heutigen Zeit ist es keine Seltenheit mehr, dass Mietinteressenten eine Wohnung per Videoanruf oder Online-Rundgang besichtigen – sei es via WhatsApp, FaceTime oder anderen digitalen Mitteln. Gerade bei Bewerbern aus dem Ausland oder mit begrenzter Zeit erscheint das eine komfortable Lösung.

Doch wie sinnvoll sind solche Online-Besichtigungen wirklich?

Bevor ich einen Mietvertrag abschließe, stelle ich in solchen Fällen die Frage:
„Sie haben die Wohnung nur per Video gesehen – sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie den Mietvertrag ohne Vor-Ort-Besichtigung unterschreiben möchten?“

Die Antwort lautet fast immer: Nein.

Man könnte meinen, diese Frage sei suggestiv oder stehe einem schnellen Vertragsabschluss im Weg. Aber das greift zu kurz. Ich möchte, dass meine Mieter ihre Entscheidung bewusst und mit einem guten Gefühl treffen – nicht aus Zeitdruck oder Bequemlichkeit. Gleichzeitig ist es mir wichtig, auch meine Auftraggeber – die Eigentümer – vor späteren Unstimmigkeiten zu schützen. Denn sollte es nach dem Einzug zu Beschwerden kommen, landet die Unzufriedenheit oft zuerst beim Vermieter. Und dieser wiederum erwartet zurecht, dass die Mieterauswahl nicht nur nach Papierlage erfolgt.

Denn eines ist klar: Meine Auftraggeber, die Vermieter, können nur dann zufrieden und langfristig glücklich sein, wenn es auch die von mir vermittelten Mieter sind.

Ich sehe es daher als meine Verantwortung, beiden Seiten die Möglichkeit zu geben, eine tragfähige Entscheidung zu treffen – und die beginnt idealerweise mit einer persönlichen Besichtigung.

Natürlich gibt es Ausnahmen. Ein Beispiel: Ein junger Mann aus dem Ausland konnte nicht nach Deutschland reisen. Er entschied sich nach einer Online-Besichtigung für eine Wohnung in einem hochwertigen Neubau mit Concierge, Dachterrasse und Fitnessbereich. Einziger Nachteil: Etwa 200 Meter entfernt verläuft eine Bahnlinie, auf der im Minutentakt Züge vorbeirauschen. Er wusste das – und hat die Wohnung trotzdem gemietet. Vier Jahre später wohnt er immer noch dort und ist zufrieden. Glück gehabt.

Ich biete Online-Besichtigungen heute nur noch an, wenn ausdrücklich darum gebeten wird. Was ich aber grundsätzlich für jede Wohnung – zur Miete wie zum Kauf – ermögliche, sind virtuelle 360°-Touren. Damit kann man sich jederzeit einen sehr genauen Eindruck verschaffen, auch ohne persönlichen Termin.

Außerdem sind meine Exposés sehr detailliert – selbst wenn ich weiß, dass viele sie kaum lesen. Manche scrollen schneller, als sie lesen – da hat es selbst die Überschrift schwer, durchzukommen. Deshalb achte ich besonders auf umfangreiches Bildmaterial – denn das spricht oft deutlicher als jeder Text.

Letztlich ist eine Wohnungsentscheidung eine sehr persönliche Sache. Und wie bei allen persönlichen Entscheidungen gilt: Wer auf Nummer sicher gehen will – ob als Mieter oder Vermieter – sollte sich selbst ein Bild machen. Vor Ort. Mit allen Sinnen.