
Seit dem 1. Januar 2025 gilt eine wichtige Neuerung im Mietrecht. Langfristige Mietverträge über Grundstücke und Gewerbeimmobilien müssen nicht mehr schriftlich abgeschlossen werden. Dies soll zur Bürokratieentlastung beitragen. Die bisher geltende Vorschrift, die eine eigenhändige Unterschrift auf Papier verlangte, wurde durch die sogenannte Textform ersetzt. Verträge können jetzt per E-Mail, Fax oder als PDF geschlossen werden. Das Ziel: mehr Flexibilität und weniger Bürokratie. Doch bringt diese Änderung wirklich die erhoffte Erleichterung?
Die Textform erlaubt es, Verträge elektronisch zu schließen, solange diese in einer lesbaren Erklärung vorliegen und die erklärende Person eindeutig identifizierbar ist. Eine handschriftliche Unterschrift ist nicht mehr erforderlich, was den Abschluss von Verträgen flexibler und schneller machen soll. Die Vereinbarung kann direkt digital übermittelt und gespeichert werden. Ein Treffen zum Unterschreiben oder der Versand per Post entfällt.
Die Vorteile dieser neuen Regelung liegen auf der Hand. Die Vertragsabwicklung wird ortsunabhängig, schneller und umweltfreundlicher. Papierkram wird reduziert, und Änderungen können unkompliziert elektronisch ausgetauscht werden. Dies ist besonders praktisch, wenn die Parteien räumlich voneinander getrennt sind oder der Vertrag kurzfristig angepasst werden muss.
Allerdings gibt es auch einige Herausforderungen und Risiken. Ohne eine handschriftliche Unterschrift wird es schwieriger, die Zustimmung der Vertragsparteien eindeutig nachzuweisen. Elektronische Dokumente sind manipulierbar, und die Authentizität von E-Mails kann nicht immer zweifelsfrei belegt werden.
Ein weiteres Risiko besteht in der Versionenkontrolle. Verträge werden oft mehrfach überarbeitet, bevor eine Einigung erzielt wird. Ohne eine klare Kennzeichnung und Dokumentation kann es leicht zu Missverständnissen kommen, welche Version des Vertrags tatsächlich gilt. Das kann zu Streitigkeiten führen, wenn die Parteien unterschiedliche Auffassungen über die gültigen Bedingungen haben.
Ein weiterer Aspekt ist das fehlende Signal der Verbindlichkeit. Eine handschriftliche Unterschrift hat nicht nur rechtliche, sondern auch psychologische Bedeutung. Sie markiert für beide Parteien klar den Abschluss eines bindenden Vertrags. In der Textform fehlt dieses eindeutige Zeichen, was nachträgliche Änderungen oder Diskussionen begünstigen könnte.
Die neue Regelung bringt also durchaus Vorteile, erfordert jedoch eine erhöhte Sorgfalt und einen höheren Aufwand bei der Umsetzung. Die gesamte Kommunikation und alle Vertragsversionen müssen sorgfältig dokumentiert werden, um im Streitfall als Beweis zu dienen. Vermieter und Mieter müssen darauf achten, dass jede Änderung und jede Zustimmung klar formuliert und nachvollziehbar archiviert wird. Dass diese Neuerung mit dem “Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV)” zu uns kommt, hat meiner Meinung nach etwas Ironisches, da die versprochene Bürokratieentlastung in der Praxis oft zu einem höheren Verwaltungsaufwand führen könnte – gerade bei Streitigkeiten oder fehlender Sorgfalt in der Dokumentation.
Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine rechtliche Beratung dar. Für rechtliche Fragen oder spezifische Fälle sollte stets ein qualifizierter Rechtsanwalt konsultiert werden.