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Miete ist bequem – Eigentum ist klug

Miete ist bequem – Eigentum ist klug

In Deutschland lebt ein Großteil der Bevölkerung dauerhaft zur Miete – und das in einem wirtschaftlich stabilen Land mit hoher Arbeitsplatzsicherheit und in vielen Regionen vergleichsweise guten Einkommen. Dennoch liegt die Wohneigentumsquote bei nur rund 46 Prozent – deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Das wirft Fragen auf: Warum erwerben so wenige Menschen Wohneigentum, obwohl sie sich das vielfach leisten könnten? Und ist es wirklich klüger, langfristig zur Miete zu wohnen?

Die Antwort liegt nicht allein in den Immobilienpreisen oder am Zugang zu Krediten. Es sind auch psychologische, kulturelle und rechtliche Faktoren, die den Eigentumserwerb in Deutschland erschweren oder unattraktiv erscheinen lassen. Wer genauer hinsieht, erkennt: Viele Menschen könnten kaufen – tun es aber nicht. Und das ist langfristig ein Fehler.

Ein Mietrecht, das Eigentumsbildung ausbremst

Ein wesentlicher Grund liegt im deutschen Mietrecht. Dieses bietet eine sehr hohe Sicherheit und Stabilität für Mieter. Mietverträge sind in der Regel unbefristet, Kündigungen durch den Vermieter – etwa wegen Eigenbedarfs – sind nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen möglich. Die Miete darf durch gesetzlich festgelegte Kappungsgrenzen und die Mietpreisbremse nur begrenzt steigen. Darüber hinaus trägt der Vermieter sämtliche Kosten für Instandhaltung, Modernisierung und Verwaltung. Für den Mieter entsteht dadurch eine komfortable Situation: Er genießt weitgehende Sicherheit bei gleichzeitig geringer Verantwortung. Das Ergebnis: Die Motivation, sich langfristig zu binden oder Verantwortung für Wohneigentum zu übernehmen, sinkt. Viele Menschen verharren in der Miete, obwohl sie sich Eigentum leisten könnten.

Vermeintlich höhere Finanzierungskosten

Ein weiterer Hemmfaktor ist die emotionale Wahrnehmung der Finanzierungskosten. Eine monatliche Kreditrate erscheint auf den ersten Blick höher als die Miete. Doch dieser Vergleich greift zu kurz. Denn ein erheblicher Teil der monatlichen Rate fließt in die Tilgung – also in den Vermögensaufbau. Wer monatlich 1.600 Euro für eine Finanzierung zahlt, investiert womöglich 1.000 Euro davon in sein eigenes Kapital. Trotzdem empfinden viele diese Belastung als Verlust von Lebensqualität – sie sehen die Finanzierung als Einschränkung und nicht als Investition.

In Wahrheit ist die finanzielle Belastung bei Eigentum über die Jahre meist sinkend. Die monatliche Rate bleibt bei festgeschriebenem Zins gleich, das Einkommen steigt mit der Zeit, die Schulden verringern sich durch Tilgung, und die Inflation entwertet die verbleibende Restschuld zusätzlich. Bei der Miete ist es umgekehrt: Sie steigt langfristig fast immer – oft schneller als das Einkommen.

Konsumdruck schlägt Vorsorgebewusstsein

Ein großes Hemmnis ist auch der Konsumdruck. Viele Menschen glauben, sie müssten sich nach einem Immobilienkauf jahrelang einschränken – auf Urlaub verzichten, kein neues Auto kaufen, keine neuen Möbel anschaffen. Diese Sorge ist psychologisch nachvollziehbar, aber ökonomisch betrachtet ein Trugschluss. Eigentum bedeutet nicht Verzicht, sondern Tausch: kurzfristiger Konsum gegen langfristige Sicherheit. Die Lebensqualität muss nicht dauerhaft leiden – sie verschiebt sich lediglich in den Nutzen.

Kulturelle Prägung und Sicherheitsdenken

Ein kultureller Faktor spielt ebenfalls eine Rolle. Deutschland ist traditionell ein Mieterland. Eigentum wird nicht selbstverständlich als Ziel angestrebt, sondern häufig als Belastung wahrgenommen – mit Aussagen wie „Ich will flexibel bleiben“, „Ich weiß nicht, ob ich hier für immer wohnen möchte“ oder „Was ist, wenn ich mich trenne?“. Gleichzeitig wird unterschätzt, wie viele Menschen in anderen Ländern auch in solchen Situationen Eigentum erwerben – um es später zu vermieten, zu verkaufen oder flexibel zu nutzen. In Deutschland dominiert das Sicherheitsdenken: Eigentum ist für viele zu bindend, zu endgültig, zu kompliziert.

Mehr Menschen könnten kaufen, als gedacht

Dabei zeigen zahlreiche Untersuchungen: Ein erheblicher Teil der Bevölkerung hätte durchaus die Möglichkeit, Eigentum zu erwerben – vor allem in ländlichen Regionen, Kleinstädten oder im Umland großer Städte. In Städten wie Chemnitz liegen die Quadratmeterpreise bei unter 1.500 Euro. Auch im Berliner oder Hamburger Umland gibt es Wohnungen für unter 4.000 Euro pro Quadratmeter. Wer über ein monatliches Nettoeinkommen von 3.000 bis 4.000 Euro verfügt und etwa 20 bis 30 Prozent Eigenkapital mitbringt, kann in vielen Fällen eine Immobilie finanzieren, deren monatliche Belastung kaum höher ist als die aktuelle Miete. Die Voraussetzungen für eine Finanzierung – mindestens 20 Prozent Eigenkapital, tragbare Monatsrate, stabile Einkommenssituation – sind bei weit mehr Menschen erfüllt, als gemeinhin angenommen wird. Dennoch scheitern viele daran, weil sie ihre Möglichkeiten gar nicht kennen – oder sich unnötig hohe Anforderungen einbilden.

Umland und Stadtrand als bezahlbare Alternativen

Ein oft unterschätzter Hebel liegt im Umland großer Städte. In München etwa kostet der Quadratmeter in Toplagen über 10.000 Euro. Doch schon 20 bis 30 Minuten außerhalb findet man Wohnungen mit der Hälfte dieses Preises. Wer heute 1.500 Euro Miete in der Stadt zahlt, könnte mit derselben Summe eine gut angebundene Wohnung mit Garten, Balkon oder mehr Fläche finanzieren – und langfristig Vermögen aufbauen. Doch diese Möglichkeit bleibt oft ungenutzt, weil viele das Zentrum als alternativlos empfinden – oder glauben, Eigentum sei ohnehin unerschwinglich.

Langfristig zahlt Miete drauf

Gerade der langfristige Vorteil von Eigentum wird häufig übersehen. Wer mietet, zahlt auf Dauer für etwas, das ihm nie gehört. Wer kauft, zahlt zwar anfangs mehr – aber nach 25 bis 30 Jahren ist die Immobilie abbezahlt. Dann wohnt man mietfrei, hat ein Vermögen aufgebaut, ist im Alter geschützt und kann die Immobilie vererben oder verkaufen. Eigentum schützt vor Altersarmut, gibt Stabilität bei Lebensveränderungen und ist oft die einzige Form privaten Vermögensaufbaus, die für breite Bevölkerungsschichten realistisch ist.

Deutschland bietet vielen Menschen objektiv die Möglichkeit, Wohneigentum zu erwerben. Doch das Zusammenspiel aus mietrechtlicher Bequemlichkeit, kultureller Prägung, falscher Kostenwahrnehmung und kurzfristigem Konsumdenken verhindert bei Millionen Haushalten den Einstieg in die eigene Immobilie. Wer jedoch bereit ist, umzudenken, findet Wege: in strukturell günstigeren Lagen, mit realistischer Kalkulation, klarer Prioritätensetzung und einem nüchternen Blick auf die finanzielle Zukunft.

Wer in Immobilieneigentum investiert, übernimmt Verantwortung – und trägt anfangs eine höhere finanzielle Last. Doch auf lange Sicht gewinnt er mehr als nur ein Dach über dem Kopf: Er gewinnt Stabilität in unsicheren Zeiten, Kontrolle über die eigene Wohnsituation und die Freiheit, ohne Mietdruck in die Zukunft zu blicken. Eigentum ist keine Einschränkung – sondern eine selbstbestimmte Entscheidung für Sicherheit, Vermögen und Lebensqualität.